EIN LEBEN FÜR DAS HANDWERK: JOACHIM MÜHLMANN BLEIBT MIT 87 JAHREN SEINER WERKSTATT TREU
Mit 87 Jahren steht Joachim Mühlmann noch immer regelmäßig in seiner Werkstatt in Schneeberg. Seit über fünfzig Jahren widmet er sich dem traditionellen Schuhmacherhandwerk – mit unermüdlichem Engagement, handwerklichem Können und großer Leidenschaft.
In all den Jahrzehnten hat er unzählige Paar Schuhe in den Händen gehalten. Noch heute ist er zweimal pro Woche in seinem Laden anzutreffen. Der direkte Kontakt zu Menschen und die persönliche Beratung sind für ihn bis heute ein wichtiger Bestandteil seines Arbeitsalltags – in einer Zeit, in der viele auf digitale Kommunikation setzen.
Ende Mai wurde ein besonderes Jubiläum gefeiert: Vor 95 Jahren wurde das Geschäft gegründet, das Mühlmann in zweiter Generation führt. Sein Vater Hans hatte es mit 22 Jahren im Radiumbad Oberschlema am Schneiderberg eröffnet – ein mutiger Schritt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Joachim Mühlmanns beruflicher Weg war früh vorgezeichnet. Bereits mit 14 Jahren begann er seine Ausbildung zum Schuhmacher in Aue. Nach der Gesellenprüfung kehrte er 1954 in die väterliche Werkstatt zurück, wo zunächst Skischuhe für den Tourensport hergestellt wurden – ein Produkt, das vor allem durch die Wismut weite Verbreitung fand.
1970 übernahm er das Geschäft offiziell und spezialisierte sich auf die Anfertigung handgefertigter Skisprungstiefel. Besonders in den 1970er- und 80er-Jahren war die Nachfrage hoch, denn Skispringen erfreute sich in der DDR großer Beliebtheit. Viele junge Talente, darunter auch bekannte Namen wie Jens Weißflog, starteten in dieser Zeit ihre sportliche Laufbahn.
Mit der politischen Wende änderten sich die Bedingungen grundlegend. Die Produktion von Sprungstiefeln wurde eingestellt, und Mühlmann eröffnete ein neues Geschäft am Zobelplatz in Schneeberg. Dort ist er bis heute tätig und betreut seine treuen Kunden mit derselben Sorgfalt wie eh und je.
Vor sechs Jahren wurde ihm der Diamantene Meisterbrief verliehen – eine Auszeichnung für 60 Jahre im Handwerk. In den sozialen Medien erntete er dafür große Anerkennung. Sein Fachwissen, seine Ausdauer und seine Liebe zum Detail werden geschätzt – auch von jüngeren Generationen.
Trotz aller Anerkennung sieht er die Veränderungen im Schuhhandwerk mit gemischten Gefühlen. Die Qualität vieler heutiger Schuhe sei deutlich gesunken, langlebige Produkte seien selten geworden. Das führe dazu, dass Schuhe schneller entsorgt statt repariert würden – ein Trend, den Mühlmann kritisch sieht, auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit.
Im August steht das nächste Jubiläum bevor: Vor 55 Jahren übernahm Joachim Mühlmann das Geschäft seines Vaters. Und auch wenn sich die Zeiten gewandelt haben – für ihn steht fest, dass er seiner Werkstatt weiterhin treu bleibt. Die Arbeit mit den Händen und die Begegnungen mit den Menschen sind für ihn bis heute unverzichtbar.